Das waren noch Zeiten. Als Werbung noch Reklame war und die Mad Men bereits zum Frühstück ein Glas Whisky in der Hand hielten. In den glorreichen Wirtschaftswunderzeiten war Werbung zu gleichen Teilen Verführung und relevante Produktinformation. Es gab schlichtweg noch nicht so viele Produkte wie heute, ein vermarktbarer USP ließ sich folglich relativ einfach herausarbeiten. Eine brilliante Idee („Lucky Strike – It’s toasted“) und zack! man hatte Werbegeschichte geschrieben. Heute ist das Ganze nicht mehr so einfach, die Welt ist um einiges komplexer geworden. 2010 gab es laut Statista fast 80.000 beworbene Produkte in Deutschland. Welcome to the battle of messages! Was aber wiederum heißt: Im Grunde muss ich mir keine Sorge um das Fortlebens meines Berufsstands machen. All diese Produkt-Stars und -Sternchen wollen schließlich ins Rampenlicht – und irgendwer muss sie ja da hineinbringen.
Was mir allerdings Bauch-, Kopf- und vor allem Hirnschmerzen bereitet, ist der wirklich hochgradige Schwachsinn, den unsere Branche so produziert. Mein liebstes Beispiel eines wirklich völlig sinnbefreiten Werbespots ist die „German Kleinigkeit“ von Raffaelo. Wer um Himmels Willen denkt sich so eine unfassbar schlechte Story aus??? Eine in Hollywood lebende deutsche Schauspielerin feiert andauernd Parties (bei denen man offensichtlich ganz in Weiß gekleidet sein muss) und reicht dort als Highlight der Veranstaltung kleine Kokosbällchen, was sie wiederum waaaaaahnsinnig beliebt bei der kalifornischen Hautevolee macht. Nee, is klar. Davon mal ganz abgesehen möchte ich auch nur einen Amerikaner treffen, der das deutsche Wort „Kleinigkeit“ auch nur annährend richtig aussprechen kann. Wahrscheinlich würde der arme Mensch diesen Brecher für angelsächsische Zungen in ein raspeliges „Cly – nig – chyde“ umwandeln. Höchst unwahrscheinlich, dass sich ein dermaßen unattraktives Wort auf den durchgestylten Szeneparties der kalifornischen Upper Class etablieren würde, das kann mir die blonde Dame vor der strahlenden Poolkulisse auch noch so oft versuchen weiszumachen. Kein Wunder, dass man bei solch stupiden Spots zum Werbeverweigerer wird!
Es ist doch so: Wenn Werbung keinen Spaß macht, dann macht es auch keinen Spaß, die darin beworbenen Dinge zu kaufen. Wollen wir mit schlechter Werbung etwa die Produktwelt künstlich dezimieren, um unseren Job wieder so simpel zu gestalten wie in seinen goldenen Anfangsjahren? Ist das der große Plan dahinter? Hhhmmm, gar nicht so schlecht die Idee… Werde ich mal bei einem Whisky drüber nachdenken.