So long, Summer!

Griechenland ist gerade mächtig en vogue. Gefühlt war jeder (inklusive mir) dieses Jahr dort; Zeitungen, Zeitschriften, online – überall lese ich Artikel über griechische Inseln, griechisches Essen, griechischen Lifestyle. Mein Instagram-Feed ist voll mit Fotos von weiß-blauen Häusern, schroffen Felsen und türkisfarbenem Wasser. Westwing hatte im Sommer eine spezielle Kollektion von Einrichtungs- und anderen schönen Gegenständen, die auf das Lebensgefühl unterschiedlicher griechischer Inseln abgestimmt waren, in der Weinbar am Carlsplatz philosophierte der Besitzer letztens über den seiner Meinung nach berechtigten Hype für griechische Weine. Und jetzt schaue ich auch noch „So long, Marianne“, eine Serie über Leonard Cohen, die größtenteils auf Hydra spielt. Alles Zufall? …

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Stay Wild, Child

Die Sonne brennt kleine Löcher auf meine Arme. Auf meinem Rücken hat sich ein feines Tropfennetz aus Schweiß gebildet. Nicht mehr lange, und es werden sich genug kleine Tropfen zusammengefunden haben, um einen großen, schweren Tropfen zu bilden, der genüsslich meine Wirbelsäule herunterlaufen wird. Als Kinder haben wir auf regnerischen Autofahrten oft „Tropfenwettrennen“ gespielt. Das Spiel war so einfach wie endlos: Jeder suchte sich einen Tropfen am oberen Rand eines Autofensters aus und wessen Tropfen als erster am unteren Fensterrand angekommen war, der hatte gewonnen. Nächster Tropfen, nächster Kilometer. So kamen wir gut unterhalten von A nach B.

Prüfender Blick in den Himmel: Nach Regen sieht es gerade nicht aus. Sommer seit ein paar Wochen, endlich! Ich liebe nichts mehr als blondes Gras auf den Feldern, blauen Himmel schon beim Aufwachen und Abende, an denen man bis spät keine Jacke braucht. Ein Freund sagte neulich, es wäre dieses Jahr ein wilder Sommer. Er meinte das beruflich. So viel zu tun, so viele Aufträge, so viele Überstunden. Ich überschlug kurz meine persönliche Historie von „wilden Sommern“. Mit 10 Jahren hieß ein wilder Sommer, dass ich so viel Eis essen durfte, wie ich konnte, und so lange aufbleiben durfte, wie ich wollte. Mit 20 war ein wilder Sommer, bis ins Blau des Morgens hinein…

Write, Run, Sleep, Repeat

Ich habe mal gelesen, dass der Schriftsteller Haruki Murakami jeden Morgen um 4 Uhr aufstehe, um fünf bis sechs Stunden konsequent durchzuschreiben. Danach laufe er zehn Kilometer. Den Rest des Tages widme er Tätigkeiten, die weniger Konzentration benötigen, außerdem dem Hören von Musik und dem Lesen, generell der Entspannung. Um spätestens 9 Uhr abends gehe er dann ins Bett. Am nächsten Morgen beginne alles wieder von vorne. Write, Run, Sleep, Repeat – dies sei sein täglicher Rhythmus, wenn er sich in der Schaffensphase eines neuen Werkes befindet. Auf diese Art und Weise hat er bereits 25 Romane und über 50 Kurzgeschichten zu Papier gebracht.

Was soll ich sagen, zwischen seinem und meinem literarischen Output liegen Welten, ach was, ganze Universen. Oder Galaxien. Ich vergesse immer, was größer ist. Lassen wir Talent und Fertigkeiten in diesem Vergleich mal ganz außen vor. Eine meiner besten Eigenschaften ist eine gesund-realistische Selbsteinschätzung und meine Schreibkünste mit denen von Murakami zu vergleichen, wäre in etwa so, als würde ich sagen, dass Tim Raue und ich demnächst zusammen ein Restaurant eröffnen, weil wir ja beide so gerne kochen. Nein, abgesehen von diesem offensichtlichen Unterschied mangelt es mir vor allem an einem: Disziplin

So viel kaputt, aber so vieles nicht

Es gibt Dinge, die stellt man sich ein ganzes Stück besser vor, als sie tatsächlich sind. Frittiertes Snickers beispielsweise oder Sex am Strand. Beides nicht schlecht, don’t get me wrong. Aber wenn man ehrlich ist, toppt die Erwartung die Realität. Neu auf meiner entsprechenden Liste steht seit letzter Woche Kintsugi. Kintsugi ist eine japanische Kunstform, die die Schönheit im Unperfekten zelebriert. Dabei kittet man zerbrochene Gegenstände mit aushärtendem Harz, das mit gold- oder silberfarbenem Puder vermischt wird, so dass es sichtbare Spuren hinterlässt. Entsprechend geht es nicht darum, das Reparierte wieder wie neu aussehen zu lassen, sondern im Gegenteil seine Macken optisch hervorzuheben, um so seine einzigartige Geschichte zu würdigen. Perfektion kann jeder, will Kintsugi uns sagen. Wahre Schönheit und Individualität entstehen da, wo diese vermeintliche Perfektion Risse bekommt. Im übertragenen Sinne ist Kintsugi eine Hommage an das Leben an sich – mit allen Ups and Downs, die dazugehören. Oder wie in der berühmten Songzeile von Leonard Cohen heißt: There is a crack in everything, that‘s how the light gets in.

Den Gedanken fand ich natürlich ganz zauberhaft und da mir gerade mein liebster Malachit-Ring auf dem Badezimmerboden in mehrere Teile zerscheppert war, dachte ich mir: Das mache ich jetzt einfach mal mit dem Kintsugi. Wie schwer kann das schon sein? …

Schrödingers Katze, ich und unser Dilemma

Schrödingers Katze ist ein faszinierendes Gedankenexperiment, mit dem der Forscher Erwin Schrödinger in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts ein für makroskopische Systeme bestehendes Paradoxon der Quantenmechanik aufzeigen wollte. Kurz gesagt (und alle Physiker:innen müssen sich jetzt bitte die Ohren zuhalten) geht es darum, dass ein mikroskopisches System, also beispielsweise ein Elektron innerhalb eines Atoms, zu einem bestimmten Zeitpunkt verschiedene mögliche Zustände einnehmen kann. Sprich: Ein Elektron kann sich zum Zeitpunkt X innerhalb des Atoms theoretisch an ganz unterschiedlichen Orten befinden, für die sich jeweils nur eine Wahrscheinlichkeit berechnen lässt. Die unterschiedlichen Zustände können sich sogar teilweise überlagern – das Elektron kann also sowohl hier als auch gleichzeitig dort sein.

Man möge mir den nachfolgenden Einschub verzeihen, aber ich muss beim Schreiben des vorherigen Satzes sofort an diese komische lilafarbene Figur aus der Sesamstraße denken, die immer von links nach rechts gerannt ist und dabei atemlos gerufen hat: „Jetzt bin ich hier“, „Jetzt bin ich da“. Als Kind war ich danach immer kolossal verwirrt und hatte das Konzept von Räumlichkeit noch weniger verstanden als vorher. Vielleicht war ich aber auch nur hochintelligent und hatte das Puppenspiel automatisch durch die Brille der Quantenphysik betrachtet. Natürlich konnte man sowohl „hier“ als auch „da“ sein – wo bitte war das Problem?

Egal ob mit 30 oder 90, es braucht Kampfgeist und Kuchen

„Machen se Yoga? Sieht man direkt“, schnarrt mein Orthopäde, während er meinen Oberkörper unsanft von rechts und links und links nach rechts dreht. „Stehen se mal auf, stellen se sich ma gerade hin. Aha, aha, ja, interessant!“ Mit einem zufriedenen Schnalzen diagnostiziert er mir einen leichten Haltungsschaden. Er schaut auf den Bildschirm in meine Akte, wahrscheinlich checkt er gerade mein Geburtsdatum, denn als nächstes sagt er: „Ist eigentlich typisch für junge Leute“. Dann strahlt er mich fröhlich an. „Sie haben die Krankheit einer Dreißigjährigen!“. Ja klasse, ich freu mich auch. Wie wahnsinnig. Mir wäre es zwar deutlich lieber, wenn meine Kosmetikerin mir die Haut einer Dreißigjährigen bescheinigen würde, aber gut, bekanntermaßen ist das Leben weder Ponyhof noch Wunschkonzert. Er ruckelt ein bisschen an meinen Schultern rum („stabil, aber viel zu schmal“), knallt mir noch fix drei Blockaden aus der Brustwirbelsäule, kommentiert abschließend meine Gesamtphysis („Dat seh ich doch, dat Sie ne Sportliche sind“) und entlässt mich dann mit der Empfehlung, ich solle es mal mit Boxen probieren. Da bekäme man ordentlich Kraft, die bräuchte ich.

Keine fünf Minuten hat das Ganze gedauert, aber ich bin fix und fertig von der maschinengewehrartigen Fremdanalyse meines Körpers. Memo an mich selbst: Nie mehr vor dem ersten Kaffee zum Orthopäden, man ist in dem Zustand mental noch zu zart…

Thank you for the music

Neulich saß in der Bahn ein Mann vor mir und hörte Musik auf einem Discman. Während sich die Menschen um ihn herum mit Handys, Airpods und Spotify von der Welt abkapselten, hielt er eine silberfarbene, leicht mitgenomme aussehende Schatulle in der Hand und wechselte zwischen zwei Haltestellen die CD, als wäre es das Normalste der Welt. Riding the train like it’s 1995. Super Typ! Selbstverständlich hatte auch ich früher einen Discman. Ich weiß noch, wie cool wir uns in der Schule fanden, weil wir in der Pause mit einem geteilten Kopfhörerpaar unsere Lieblingsalben hören konnten. Dann kam der iPod und meine CDs verstaubten in ihrem Regal. Bei meinem letzten Umzug habe ich sie in Kisten gepackt und verschenkt und gespendet. Wobei, eine Handvoll habe ich behalten, aus Nostalgiegründen. Vom meinem ersten Garbage-Album beispielsweise konnte ich mich genauso wenig trennen wie von den Klassik-CDs, die mir mein Vater in der Hoffnung geschenkt hatte, meinen abtrünnigen Musikgeschmack Anfang 20 doch noch positiv beeinflussen zu können.

Musik ist eine Zeitmaschine für Gefühle und Erinnerungen. Gib mir „I just died in your arms tonight” und ich reise zurück an diesen Abend im Sommer, bevor ich 17 wurde…

Püppi, deine Schublade klemmt!

Man muss das Geld zum Fenster rauswerfen, damit es zur Tür wieder reinkommt. Dieser schlaue Satz stammt nicht von mir, sondern von Karl Lagerfeld. Der Meister des Bonmots hatte ja bekanntlich so einiges an flotten Sprüchen parat. Legendär auch seine Meinung zu Tattoos („Grässlich! Als müsse man lebenslänglich ein Kleid von Pucci tragen.“) oder der jungen Heidi Klum („Ich kenne sie nicht. Claudia kennt die auch nicht. Die war nie in Paris, die kennen wir nicht.“). Herrlich!

Ich liebe exzentrische Menschen. Eine meiner engsten Freundinnen im Studium war ähnlich unkonventionell und direkt wie Lagerfeld. Das amüsierte mich in der Regel unglaublich, war aber natürlich hin und wieder auch ein wenig anstrengend. „Mäuschen“ sagte sie oft zu mir oder „Püppi“. Wir verbrachten unsere Zeit in Bars und Galerien…

Mit Flip-Flops kommst du nicht zum Mond

Ich habe bislang nur ein einziges Mal in meinem Leben demonstriert, da war ich 24, trug Flip-Flops und ein Sommerkleidchen und war versehentlich in vorderster Reihe dabei, als wir, uns gegen Studiengebühren auflehnend, den Düsseldorfer Landtag stürmen wollten. Wer schon einmal versucht hat, schnelle Seitwärtsbewegungen in einer Menschenmasse zu machen, um finster dreinblickenden Polizisten auszuweichen, weiß, dass es dafür keine weniger geeignete Fußbekleidung gibt als Flip-Flops. Und so tat ich das damals einzig Sinnvolle: Ich nahm meine Schlappen in die Hand und verkrümelte mich ganz schnell wieder.

Glücklicherweise macht einen das Leben (manchmal) schlauer…

Auf der Suche nach meinen Wurzeln

Ich bin hocherfreut, dass ich es nach 44 Jahren immer noch fertigbringe, mich selbst zu überraschen. Gerade nämlich habe ich, der Kaffee-Snob vom Allerfeinsten (O-Ton meines Freundes Hakan), mir einen schnöden Instantkaffee aufgegossen. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist es in diesem Fall noch nicht einmal echter Kaffee, sondern Zichorien-Kaffee aus…

The COVID Diaries: Katrin and Alyssa

For the final instalment of the COVID diaries, Katrin and Alyssa give us a glimpse into their lives in Australia and Germany. This is about how hard it is to say good-bye to dreams and how we are re-learning to appreciate the little things in life.

The COVID Diaries: Katy and Tine

Sometimes it’s o.k. to not be o.k.! This is one the most valuable learnings for Katy, who works as a yoga teacher in London. Tine, who shares her time between Denmark and Bali, came to realize over the last couple of months that everything is a relationship, be it with your partner, with food or with money.

Read the stories of these amazing women in the latest instalment of The COVID Diaries.