Die schönsten Bilder malt die Natur. Und die schönsten Naturbilder die amerikanische Malerin Georgia O’Keeffe. In Deutschland eher nur Kennern ein Begriff, gehört sie in den USA zum allgemeinen Kunstkanon und ihre beliebtesten Werke dürfen in keinen noch so provinziellen Kunstdruckladen fehlen. Mrs O’Keeffe malte bevorzugt Close-ups von Blumen sowie heimische Landschaften. Langweilig, unbedarft, altbacken? Au contraîre! Mit ihrer Malerei bannte sie die amerikanische Natur und vor allem das Gefühl, das diese im Betrachter auslöst, auf Leinwand wie niemand vor ihr. „One cannot be an American by going about saying that one is an American. It is necessary to feel America, like America, love America and then work“, soll sie gesagt haben.
Kaum jemand vermochte die Sensorik und die Sinnlichkeit eines Gegenstandes so einzufagen wie sie. Die Details, auf die sich konzentriert, und ihre Art, Formen und Farben einzusetzen, lassen unbelebte Felsen wie Teile eines menschlichen Körpers und harmlose Blüten wie intime weibliche Ansichten wirken.
Meine Faszination für diese große amerikanische Künstlerin ist mittlerweile mehr als ein halbes Leben alt und fing passenderweise in ihrem Heimatland an. Seitdem ich mit 16 Jahren das erste Mal in den USA war, besitze ich einen Kunstdruck von O’Keeffes Bild „Pansy“, das zuerst in meinem Zimmer im Haus meiner Eltern, dann an unterschiedlichen Stellen in den darauffolgenden Wohnungen hing. Die Jahre haben es verbleichen lassen und doch wirkt es auf mich immer noch so anziehend wie beim ersten Anblick. Die Farbe Schwarz so weich, so facettenreich wiederzugeben – das kann nur Georgia! Man erwartet fast, dass man beim Berühren des Bildes die samtige Textur der Blätter spüren würde.
Georgia O’Keeffe verbrachte einen guten Teil ihres Lebens in der Wüste von New Mexico und die bizarren Landschaften, die sie dort sah, wurden zu wiederholten Sujets ihrer Bilder. Die kalifornische Wüste steht der New Mexicos in der Außerweltlichkeit ihrer Landschaften in Nichts nach – kein Wunder also, dass Georgia permanent in meinen Gedanken ist, als ich sie durchquere. Die flirrende Hitze und die endlose Weite, die zackigen Felsen und die geschwungenen Hügel, der unwirklich blaue Himmel und die grelle Sonne – all das scheint direkt aus ihren Bildern hierhin versetzt worden zu sein. Es ist als würde jemand eine Leinwand vor meine Augen halten, auf der permanent ihre Bilder erscheinen. Eine faszinierende Sinnestäuschung.



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http://en.wahooart.com/@@/8XY49X-Georgia-O%27keeffe-Grey-Hills
In Deutschland sind Georgia O’Keeffes Werke nur extrem selten in Ausstellungen zu sehen. Zuletzt wurden sie 2012 in München gezeigt. Bis heute kann ich mir übrigens nicht erklären, wie ich diese Ausstellung verpassen konnte. Shame on me! Aber damit ist dann wohl auch mein nächste Reiseziel klar: Ich muss nach Santa Fe! Denn da ist das offizielle Georgia O’Keeffe-Museum.
Was für ein toller Text – an dir ist ein Kunsthistoriker verloren gegangen. Wobei du offensichtlich viel besser schreiben kannst als die Kunstonkels, die eher verquast rumdrucksen. Übrigens hatte ich vor einen Artikel mit der Headline „Radium on my mind“ zu schreiben (es sollte ein Text über Marie Curie werden). Du bist mir manchmal unheimlich… great minds think alike.
Da sind Dir ein paar sehr beeindruckende Aufnahmen gelungen! Kompliment!!! :-)