Grundsätzlich finde ich die deutsche Kuchenkultur ganz vorzüglich. Ja, ich möchte sogar sagen, sie ist eine der weltbesten. Dennoch gibt es hier und da Kreationen aus anderen Ländern, die so genial sind, dass man nach den ersten Bissen die Augen genüsslich gen Himmel verdreht und nur ein „Verdammt, warum bin ich da nicht drauf gekommen!“ murmeln kann. Der englische Banoffee Pie ist eine solche Kreation und wird ab sofort einen festen Platz in meinem Kuchen- und Dessert-Repertoire bekommen.
Auch wenn die Amerikaner hin und wieder den Ruhm als Erfinder dieses großartigen Pies für sich beanspruchen, so kommt sein Rezept ursprünglich aus dem südenglischen Sussex, wo es in den 1970er Jahren von zwei lokalen Köchen entwickelt wurde. Banoffee steht für die geniale Vereinigung von Bananen und Toffee, die zusammen mit einem knusprigen Boden und (in der ursprünglichen Version) Schlagsahne eine zum Rührschüssel-/Löffel-/Teller- und Finger-Abschlecken gute Kombination ergeben.
In England gibt es zuhauf Rezepte für Banoffee Pie, oft sind sie auf Dosen gezuckerter Kondensmilch abgedruckt, die man zur Herstellung des traditionellen Toffees verwendet.
Spannend wird es, wenn man versucht, den Pie zu „veganisieren“. Letzte Woche habe ich ein herrliches Wochenende auf dem Land zugebracht, zu Gast bei Freunden, die sich in einem wunderschönen alten Farmhaus in Wiltshire niedergelassen haben. Beide sind seit knapp zwei Jahren Veganer und beide sind (wie ich) begeisterte Esser und „let’s try something new!“-Enthusiasten. Davon abgesehen sind sie vor allem zwei ganz herzliche und unterhaltsame Menschen, die ich im Frühjahr während eines Yoga-Retreats in Portugal kennengelernt habe. Beide sind inspirierend kreativ, Gareth als Fotograf und Kim als Journalistin, die nebenbei den hübschen Blog This Vegan Life betreibt. Die Vierte im Bunde an diesem Wochenende war die wunderbare Mila, die ich ebenfalls während des Yoga-Retreats kennengerlent hatte und die ein weiterer Grund dafür ist, dass ich dem Universum immer dankbar dafür sein werde, dass es mich ausgerechnet in dieser einen Woche im April nach Portugal geschickt hat. Aber halt, ich verheddere mich in der Story.
Kurz und gut, wir verbrachten einen wunderbaren Samstag mit dem Besuch des niedlichen Örtchens Lacock, das typisch englischer nicht sein könnte (weshalb es oft als Kulisse für Kostümdramen herhalten muss) und dessen Abbey aus dem 13. Jahrhundert Drehort für einige auf „Hogwarts“ spielende Szenen in den Harry Potter-Filmen war.
Da das Wetter am darauffolgenden Tag leider ebenfalls typisch englisch war und nicht wirklich dazu einlud, die Gegend weiter zu erkunden, machten wir es uns in der Küche bequem und durchstöberten Kim und Gareth’s Kochbuchsammlung, um gemeinsam einen Kuchen zu backen (und selbstredend anschließend zu verspeisen). Irgendwann warf irgendwer Banoffee Pie in den Raum (nicht sprichwörtlich natürlich) und ab diesem Moment war klar: es würde uns nichts anderes am heutigen Tage glücklich machen können, Benoffee Pie müsse es sein. Dummerweise enthielt keines der zehn Rezeptbücher ein Rezept für veganen Banoffee Pie.
Ich vertrete ja nach wie vor die Theorie, dass Backen ein hochkomplexer chemischer Vorgang ist, der nur bis zu einem gewissen Grade Kreativität zulässt. Da wir uns nun aber in der Bredouille befanden, entweder auf den Pie zu verzichten, oder einfach wild drauf los zu legen und unser eigenes Rezept zu kreieren, gab ich nach. Mit Teamwork würden wir es schaffen – und die Tatsache, dass wir uns für eine „raw“-Variante des Kuchens (also ohne backen) entschieden hatten, würde sicherlich auch helfen.
Das Ergebnis war, ich kann es nicht anders sagen, sensationell! Ich würden diesen Blogbeitrag nicht „Der weltbeste Banoffee Pie“ nennen, wenn ich es nicht genau so meinen würde. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, dass eine andere Variante dieses Pies gibt, die noch besser schmeckt, Ehre-schwöre!
Das Geheimnis unseres Rezeptes sind eigentlich zwei Geheimnisse. Das erste ist der Lotus „Biscoff“-Aufstrich, eins der Dinge, die (wie Kim es so schön formulierte) „versehentlich vegan“ sind. Mila hatte ein Glas davon mitgebracht und sich damit noch tiefer als eh schon möglich in unsere Herzen geschlichen. Wer ein großer Freund davon ist, Nutella oder Erdnussbutter direkt aus dem Glas zu löffeln, dessen persönlicher Untergang wird „Biscoff Spread“ sein, darauf kann ich an dieser Stelle Brief und Siegel geben.
Das zweite Geheimnis das ist ein veganes Dulce de Leche. Dulce de Leche? Nie gehört? Dann, meine Freunde, habt ihrbislang etwas in eurem Leben verpasst! Wörtlich übersetzt bedeutet Dulce de Leche „Süßigkeit aus Milch“ und ist eine aus Lateinamerika stammende Karamellcreme mit so hohem Suchtfaktor, dass ich nicht sicher bin, ob sie wirklich legal sein kann. Traditioneller Weise bereitet man sie zu, indem man eine Dose gezuckerte Kondensmilch lange und langsam im Wasserbad erhitzt. Die vegane Variante, die wir (in dem übrigens sehr zu empfehlenden Kochbuch „Vegan Kitchen“ der Australian Women’s Weekly entdeckt hatten) ist im Grunde ebenso simpel zuzubereiten und schmeckt einfach himmlisch! Ich schäme mich fast, es hier öffentlich zuzugeben, aber wir waren so begeistert davon, dass wir es nicht bei dem dekorativ über dem Kuchen geträufelten Karamellgitter belassen konnten, sondern gleich den ganzen Krug mit der restlichen Soße auf den Tisch stellten, um anschließend unsere Kuchenstücke förmlich darin zu ertränken. Wären wir Katzen, wir hätten geschnurrt, so gut war das Ganze!
Wer glaubt, ich übertreibe, der möge bitte das nachfolgende Rezept ausprobieren und mir anschließend schreiben, wenn er der Meinung ist, dass ich unrecht habe. Ich werde sofort die Überschrift ändern.
In diesem Sinne happy „baking“!
Annie
Veganer Banoffee Pie mit Dulce de Leche
Boden
100g Kokosraspeln
125 g Pekannüsse
150g getrocknete, entsteinte Datteln
1-2 EL Kokosöl
Creme
250 g Kokosjoghurt natur (manchmal etwa schwer zu bekommen, daher alternativ Alpro Natur mit Kokosnuss, den man in den meisten Supermärkten bekommen kann. Achtung, bei Verwendung dieser Variante am besten noch 1 EL Kokosöl zufügen, um der Creme ein bisschen mehr Struktur und Halt nach dem Kühlen zu geben)
4 EL Biscoff Spread
1 EL Dattelsirup (oder Ahornsirup)
Belag
3 mittelreife Bananen
ca. 100 ml (oder mehr) Dulce de Lece (Rezept hier)
eine Handvoll Pekannüsse zum Garnieren, eventuell ein halber TL Zimt
Alle Zutaten für den Boden so lange in einem Mixer oder einer Küchenmaschine miteinander vermischen, bis eine einigermaßen homogene Masse entsteht. Den Boden einer Spring- oder Tarteform mit Backpapier auslegen, die Masse fest auf den Boden drücken und zusätzlich einen gut 1,5 cm hohen Rand hochziehen. Für ca. 15 Minuten ins Tiefkühlfach stellen.
In der Zwischenzeit den Joghurt mit dem Biscoff Spread und dem Dattelsirup mit einer Gabel glattrühren. Auf dem Boden glatt streichen und weitere 10 Minuten ins Tiefkühlfach stellen.
Pekannüsse in einer Pfanne anrösten und wenn gewünscht mit Zimt bestreuen und kurz weiter rösten. Abkühlen lassen.
Anschließend die Bananen in schräge Scheiben schneiden und dekorativ auf dem Boden des gekühlten Pies verteilen. Mit Dulce de Leche beträufeln und mit den gerösteten Pekannüssen garnieren.
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